Niklaus Schmid


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Text August Teil 2

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Formentera
Eine Insel auf dem Weg zur Legende


Auszüge aus "Formentera - Der etwas andere Reiseführer"


Wie war das noch mal mit dem Wikingerprinz Sigurd, den maurischen Piraten und Bob Dylans Schafwollpullover? Diesen Fragen gehe ich in meinem Buch "Formentera - Der etwas andere Reiseführer" nach. Mal berichte ich aus der Vergangenheit, beispielsweise von den Phöniziern, die auf der Insel die ersten Salzbecken bauten, oder von den Arabern, die ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem anlegten. Dann wieder springe ich zurück in die Gegenwart, erwähne neuzeitliche Legenden, schreibe über die Tier- und Pflanzenwelt oder erzähle Geschichten von Künstlern und Charakterkäuzen. Auszüge, wie gesagt, und zwar im monatlichen Wechsel.

August Teil 2

Von einem Bus ohne Räder ...

Einst war der „Piratabus“ Formenteras originellste Strandbude tatsächlich ein ausrangierter Omnibus, mit einem Vordach aus Pinienzweigen und Barhockern davor. Aber ohne Räder, und da lagen auch die Schwierigkeiten. Jedes Jahr im Herbst musste Pascual den Bus mit einem Kranwagen wegschaffen, auf Anordnung der Marine, die in ihrer zwölf Meter breiten Hoheitszone kein Gewohnheitsrecht aufkommen lässt.

Beim letzten Umzug brach dann der alte Blechkörper, der nur noch vom signalroten Anstrich zusammengehalten wurde, in zwei Teile. Pascual ersetzte die abenteuerliche Konstruktion durch eine Holzbude. Doch der Name „Pirata-Bus“ blieb, die Schar der Gäste auch.

… dem Kampf gegen die Obrigkeit ...

Die Ersten trudeln ein. Der Mann mit der chromblitzenden Harley Davidson bringt den eigenen Backgammon-Koffer mit; ein offener Kübelwagen staubt heran, auf dem Beifahrersitz ein mannsgroßer Panda aus Plüsch. Stammgäste begrüßen sich, Neulinge werden gemustert. In der Nachbarbucht sonnen sich die Gäste der Hotelanlagen Mar y Land und Club La Mola, einige nackt, die meisten jedoch in Badeanzügen.

Noch vor wenigen Jahren waren die Nackten an fast allen Stränden in der Überzahl. Das Recht hatten sie sich hart erkämpft, gegen Mucker und Obrigkeit. Unter Franco hatte die Guardia Civil darauf geachtet, dass die Moral eingehalten wurde. Die Frauen trugen Einteiler, und die Männer lagen im gebührenden Abstand zu ihnen.

… und der Schau hinterm Badetuch

Wer sich im Bikini sonnte, demonstrierte nebenbei gegen das politische System, oben ohne war schon die Revolution. Herrlich, was man seinerzeit allein durch das Ablegen der Kleider bewirken konnte! Zum Beispiel, dass ein Zivilgardist seinen Knüppel schwang. Baden ohne Klamotten galt aber nicht nur als Ausdruck der Freiheit, es war auch schick: Nie wieder nasse Plünnen am Leib! Nie?

Nun ja, bis dann das Pendel zurückschwang. Plötzlich lagen nur noch die Vatis und Muttis nackt am Strand. Die Söhne hatten Badehosen und die Töchter fesche Einteiler an. Die Eltern schüttelten die Köpfe. Nicht lange. Was die Knüppel der Zivilgardisten nicht geschafft hatten, vollbrachten die jungen Italiener, die in immer größerer Zahl kamen, mit der sanften Gewalt ihrer Blicke. Also wieder rinn inne Plünnen! Am besten ohne viel Getue. Denn um gekonnt die Schau hinter einem Badetuch abziehen zu können, muss man jung, knackig und aus Mailand sein.

Fortsetzung folgt

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aktualisiert am 18. August 2016 | kontakt@niklaus-schmid.de

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